Textura Wines | Gouveia


[Oktober 2021] Ein spannendes junges Dão-Projekt, gegründet in 2018, gelegen an den Hängen der Serra da Estrela, auf das ich im Herbst 2020 aufmerksam wurde. Im Herbst 2021 hatte ich dann die Gelegenheit mir TEXTURA WINES vor Ort anzuschauen. Ich traf mich also mit Gründer und Winzer Marcelo Araujo an einem leider verregneten Septembertag in der Adega. Der moderne Weinkeller, in der Nähe von Gouveia gelegen, befindet  sich im ehemaligen Gebäude einer verfallenen Papierfabrik, dass der Brasilianer 2019 komplett renovieren ließ. Bereits sehr früh erhielten die Textura-Weine ein durchweg positives Echo in der Fachpresse, was ohne Zweifel nicht nur an den bedeutenden Investments in eine moderne Adega mit zeitgemäßer Kellertechnik liegt, sondern auch an dem professionellen Team rund um den Douro-Topönologen Luís Seabra und die zwar junge, aber sehr berufserfahrene Önologin Mariana Salvador (u.a. Companhia das Lezírias, Herdade da Comporta).

Marcelo lebt mit seiner Frau seit einigen Jahren in Porto und hat sich entschlossen nach einer Karriere im Investmentbanking seine Leidenschaft für gute Weine zum beruflichen Mittelpunkt zu machen. Die verlassene Textilfabrik wird Stück für Stück ausgebaut. Adega und Wohnhaus sind bereits realisiert, ein weiteres Gebäude soll für weintouristische Events umgebaut werden: Loja, Raum für Tastings und zum bewirten von Gästen wird folgen. Potential für "Enoturismo" ist ohne Zweifel vorhanden: Die Quinta liegt an den Hängen der Serra da Estrela, ein Naturschutzgebiet grenzt unmittelbar an ...

2018 war der erste Jahrgang, der abgefüllt wurde. Gestartet ist das Projekt mit 13 ha, 2019 waren es 19 ha. Hinzugekommen sind noch 6 ha Neuanpflanzungen. 25 Hektar sind für den Dão, eine sehr kleinteilig parzellierte Weinbauregion, schon eine echte Hausnummer. Die Rebflächen des Weinguts verteilen sich auf zwei Subregionen: "Serra da Estrela" (hier herrschen Granitböden vor) sowie "Terras de Azurara" (zwischen Mangualde und Penalva do Castelo gelegen - Granit-Böden mit signifikanten Lehm-Anteil). Der Entry-Level-Wein, der "Pretexto" stammt aus Lagen beider Sub-Regionen. In der mittleren und oberen Preisregion (Encoberta, Textura da Estrela) sind die Weine den Subregionen zugeordnet. Die "Pura"-Serie präsentiert die Flaggschiff-Weine des Weinguts: Cuvées aus den Rebsorten Jaen, Tinta Roriz, Alfrocheiro, Touriga Nacional (bei den Roten) sowie Encruzado und Bical (bei den Weißen). Zu guter Letzt gibt es als sortenreine Weine einen Jaen und einen Encruzado (und einen Bastardo-Tinto aus zugekauften Trauben). Stilistisch prägen Leichtfüßigkeit und Eleganz alle Textura-Weine (Seabras Handschrift, von Mariana perfekt fortgeführt).

Leider hatten wir Pech mit dem Wetter: Strömender Regen mitten während der Lese (die für einen Tag unterbrochen wurde). So konnten wir viel Zeit in dem modernen Keller verbringen: Edelstahltanks, Barriques, Tonéis / Balseiros, Zementtanks: Alles was das Herz begehrt! Der Winzer ließ mich ausgiebig Tank-Samples probieren, bevor es an die Verköstigung der bereits abgefüllten Jahrgänge ging. Muito obrigado, Marcelo, für Zeit, Geduld und die ausführlichen Erläuterungen!


Spannend und bemerkenswert fand ich, wie sehr sich die Weine aus den typischen roten Dão-Rebsorten auf den unterschiedlichen Böden der beiden Sub-Regionen unterschieden. Geradliniger und präziser der Textura da Estrela vom Granitgestein. Breitschultriger, voluminöser der Encoberta - aber alles Charakterweine, mit geringem Alkoholgehalt und der Betonung auf Frische und Eleganz. Großartige Speisenbegleiter, Weine für die Gastronomie. Man spürte förmlich Stolz und Leidenschaft, die der Winzer für seine Weine empfindet.


Textura Pretexto 2020 Branco Dão DOC - Auch wenn der "Pretexto" formal gesehen auf "Entry Level-Niveau" rangiert, kann man doch angesichts des Preises und des regionalen Umfelds in dem der Wein sich tummelt, mit gehobenen Ansprüchen rangehen. Ansprüche, die der trockene, ausgewogene Branco rundum erfüllt!


Präzise, filigran ...

... breitschultrig, frisch!


Textura Pura 2018 Dão DOC - Granitböden, Höhenlage (500m üNN) an den Hängen der Serra da Estrela. Dazu mit Luis Seabra ein Önologe der stilistisch für eine schnörkellose, feingliedrige Weinbereitung steht. Wen wundert es, dass der Pura, der Flaggschiff-Branco des jungen Dão-Projekts TEXTURA WINES mit Eleganz und Mineralität punktet? 

Ein Blend aus weißen Rebsorten der Region, wobei die Encruzado mit einem Anteil von 70 % dominiert. Ausgebaut in französischer Eiche, davon ein Drittel im Foudre, also dem großen Lagerfass, so dass das Holz nicht zu stark in den Vordergrund tritt. 27 EUR/Flasche kostet der Wein in Portugal.

11 Monate Reifung auf der Feinhefe ohne Batonnage. Exzellente Cremigkeit, schönes Mundgefühl, fein austariert mit Zitrusfrische und der bereits erwähnten Mineralität. Julia Harding MW und die Revista de Vinhos sind voll des Lobes und geizen nicht mit Punkten.  Ich schließe mich dem gerne an und sehe sogar noch Entwicklungspotential für die nächsten zwei oder drei Jahre.


Textura Wines. Das junge Weingut in der Weinbauregion Dão, Sub-Region Serra da Estrela. Der "Charakter-Rosé" stammt von organisch-bewirtschafteten, aber noch nicht zertifizierten Weinbergen bei Vila Nova de Tazem. 480m üNN machen den sortenreinen Tinta Roriz zu einem echten "vinho de altitude": Die Höhenlage der Rebanlagen macht sich in einer eleganten Frische bemerkbar ... 

Beratender Önologe des Weinguts ist Luis Seabra, den ich erstmals 2015 bei Muxagat getroffen habe. Seine Handschrift der federleichten Douro-Weine findet sich stilistisch auch am Dão wieder. Die Sub-Region (mit den Granitböden und der großen Temperaturamplitude zwischen Tag und Nacht) kommt seinem leichten, frischen Stil sicher entgegen, aber es ist natürlich auch die Weinbereitung. Handgelesen, mit natürlichen Hefen in gebrauchten französischen Barriques fermentiert. In den Fässern für 11 Monate ohne Aufrühren (Batonnage) auf der Feinhefe (sur lies) gelagert. Danach weitere 8 Monate in Edelstahltanks ...

Der Rosé kostet 16,25 EUR/Flasche in Portugal. Sehr cremig und komplex und dabei trotzdem zart und leichtgliedrig (trotz 13,5 % Vol.). Feine Frucht, Kräuter, eine stramme Mineralität und Geradlinigkeit. Gerade einmal 1240 Flaschen wurden von diesem ausgesprochen "gastronomie-freundlichen" Rosé produziert. Ein Wein, der geradezu nach Sushi, gegrilltem Lachs, Seezunge mit Wildreis, Scampi/Garnelen etc. schreit ...


Geradlinig, das sortentypische Bouquet (Kirsche, rote Früchte) sehr verhalten, ganz zarte Tannine. Jugendlich, leichte 12,50 % Vol. Ganz frühe Lese, um die Mineralität der Granitböden, die Frische und Würzigkeit zu erhalten. Quasi der Gegenentwurf zu den sortenreinen Jaens von vor 20 Jahren (oder so), die häufig Xarope-like, verkocht, wie Kirschkonfitüre rüberkamen. Nichts davon zeigt sich in diesem Fall: Die Rebsorte kann auch "schlank" ...

Spontanvergoren, im Zementtank ausgebaut, im Holz nachgereift. 21 EUR/Flasche in Portugal.

Önologen: Luís Seabra und Mariana Salvador


Der "Pura" ist der Flaggschiff-Wein, den der Önologe Luis Seabra für Textura Wines kreiert hat. Die Rebstöcke stehen im Mischsatz auf einer 50-jahre alten Parzelle (auf rund 600m üNN) und wachsen im für die Region typischen Granitboden. 

Ausgebaut wird der elegante Tinto in gebrauchter französischer Eiche und danach lagert er für 16 Monate im Fuder (dem großen Holzfass mit 3000l). In der Nase dezente, feine Aromen von Veilchen und roter Frucht. Am Gaumen schwarze Kirsche, Johannesbeeren, aber keine überbordende Frucht sondern elegant gepaart mit einer unaufdringlichen Würzig- und Erdigkeit. Kein Rotwein, der einen "anschreit", aber einer der mit Ausgewogenheit, feiner Frucht, Mineralität und langem Nachhall all das bietet, was einem Weinliebhaber ein verzückte Lächeln auf die Lippen zaubert. 30 EUR in P/ 34 EUR in D. 


Auf der ProWein 2022 hatte mir Marcelo den Vinha Negrosa, den Flaggschiff-Wein von Textura eingeschenkt. Ich empfand ihn noch deutlich zu jung, mit pelzigen Tanninen am Oberkiefer. So hatte ich das auch an meine Düsseldorfer Weinhändlerin kommuniziert, die vollkommen verstört guckte und mir von gänzlich anderem Eindrücken berichtete! Die sich den Tinto betreffend sogar zu regelrechten Jubelarien hinreißen ließ ...

Keine Ahnung, wo diese unterschiedlichen Wahrnehmungen herkamen, aber Grund genug, das noch einmal zu evaluieren.

Vollkommen anders meine Eindrücke bei der Nachverkostung: Rotfruchtig, saftige Sauerkirsche vorneweg, Trinkzug ohne Ende, von garstigen Tanninen keine Spur. Dazu Spuren von Pinie und eine elegante Würzigkeit. Saulecker, der Rebensaft!

Die Trauben gärten in gebrauchten Eichefässern mit natürlichen Hefen, gefolgt vom bio­lo­gi­schen Säu­re­ab­bau.  Der Wein reifte 16 Monate lang in einem gebrauchten 3000-Liter-Fuder  sowie  in gebrauchten 225-Liter-Fässern. Leichte 12,5 % Vol, die typische Luis Seabra-Handschrift.

Sehr puristisch, fokussiert, elegant. Es ist die hohe Kunst des Weglassens, die hier zelebriert wird und die beiden Rebsorten (50 % Alfrocheiro , 50 % Jaen) wunderbar zur Geltung kommen lässt. Ein charakterstarker Spitzenrotwein, der in Deutschland 36,95 EUR/Flasche kostet.


Die renommierte Weinfachzeitschrift Revista de Vinhos hat in der Ausgabe Februar 2023 die Sieger in verschiedenen Kategorien "Beste des Jahres 2022" bekanntgegeben: Der Vinha Negrosa 2019 ist zum "Vinho do Ano 2022" gekürt worden. Parabéns, Marcelo und Mariana!


Ein harmonisches Stelldichein roter und weißer Dão-Rebsorten: Gemeinsam vergoren wurden 70 % rote Rebsorten (Jaen, Alfrocheiro) und 30 % weiße Trauben (Encruzado, Bical).

Ganze 15 Tage sind die Trauben gemeinsam in einer alten Tonamphore vergoren, was erklärt, warum der Palhete mehr Farbstoffe gezogen hat, als die meisten anderen Vertreter seiner Gattung. Anschließend Ausbau für 11 Monate in gebrauchten Eichefässern. 

Elegant , die weißen Rebsorten geben den Frische-Kick, dezent-grüne Noten und ein pfeffrige Würzigkeit. Bei der Frucht eher dezent, wobei eine saftige Kirschnote deutlich mitschwingt. Leichte 12 % Vol. Kleine Auflage, nur knapp 2600 Flaschen. Läuft saftig den Gaumen runter und kostet 16 - 17 EUR. Klare Empfehlung von mir!


Über mich ...

 

Weinliebhaber mit engem Bezug zu Portugal. Beruflich habe ich keine Berührungspunkte mit dem Wein-Business.  Insofern schreibe ich unabhängig über  portugiesische Weine als reine Liebhaberei. Anregungen, Fragen? Gerne: frank@vinhoportugal.de

 

 

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