Quinta das Marias | Oliveira do Conde (Carregal do Sal)

[Oktober 2015] Es hat mir keine Ruhe gelassen: Solche Spitzenweine, hochprämiert, quasi in unserer Nachbarschaft. Das wollte ich mir vor Ort anschauen. Im Mai hat es terminlich nicht gepasst, aber nun im September empfing mich trotz der laufenden Weinlese ein äußerst entspannt wirkender Peter Eckert.

 

Der sympathische Schweizer nahm sich ausgesprochen viel Zeit, mir seine kleine, aber feine Quinta das Marias ausführlich näher zu bringen.

Um den vereinbarten Besuchstermin herum hat es in der Dão-Region zwei Tage lang wie aus Eimern geschüttet, nachts kam noch ein heftiger Sturm dazu. Die Quinta ist 14 ha groß, von denen ca. 4 ha mit Weißwein der Rebsorte Encruzado bestockt sind, die bereits am vorausgegangenen Wochenende - vor dem schlechten Wetter - gelesen wurden. Die Lese der roten Sorten Touriga Nacional, Tinta Roriz, Jaen und Alfrocheiro stand für das folgende Wochenende an, für das die Wetterdienste graças a Deus wieder gutes Wetter prognostiziert hatten.

Bei der Quinta fügen sich - nicht bloß im Stil der Weine - Moderne und Tradition harmonisch ineinander.

 

Neben traditionellen Lagares (Steintrögen aus Granit), in denen die Weintrauben für die Maischegärung mit nackten Füßen gestampft werden, moderne Ganimede-Fermentierungstanks. Die Lagertanks werden mit Stickstoff begast, eine Technik, die, so berichtet Peter Eckert, der Qualität der Weine einen deutlichen Schub verliehen hat.

 

Die Weine des Jahrgangs 2015 versprechen sehr gut zu werden. Die Qualität der Trauben war so gut, dass an dem Band nach dem Rütteltisch, an dem aussortiert wird, bevor es in den Entrapper geht, dieses Jahr lediglich zwei Frauen ihre Arbeit verrichteten während in weniger guten Jahren dort bis zu vier Personen tätig sind.

Die geringen Erträge (5 bis 6 to/ha bei den Weißweinen und ca. 5 to/ha bei den roten Sorten) ergeben dichte, komplexe Weine, die in französischer Eiche ausgebaut werden.


Nach dem Rundgang durch die 2005 neu erbaute Adega ging es zum Tasting-Room. Dort konnte ich folgende Weine probieren:

 

Dão DOC Quinta das Marias Branco „Encruzado“ 2014

(13.5 % Vol) Frisch, mineralisch mit einer schönen, feinen Säure. Rebsortenreiner Weißer, der das volle Potential der weißen Dão-Leitrebe zeigt.

 

Dão DOC Quinta das Marias Reserva „Cuvée TT“ 2013

(14 % Vol) Noch sehr jung der Cuvée aus Touriga-Nacional und Tinta-Roriz (Tempranillo), aber bereits eine schöne, samtige Präsenz.


Mein Fazit nach dem kurzen, aber ebenso intensiven wie informativen Kennenlernen des Weinmachers: Akribisch, detailversessen, mit Laib und Seele der Qualität verschrieben, perfektionistisch mit Augenmerk auf Authentizität! Chapeau und Obrigado an Peter Eckert.


Der 2011er Jahrgang wurde auf der Wines of Portugal Challenge 2014 unter über 1000 verköstigen Weinen zum besten rebsortenreinen Wein erkoren.  Der Folgejahrgang präsentiert sich ebenso stark:

 

Dão DOC Quinta das Marias Reserva „Touriga-Nacional“ 2012

(13 % Vol) 12 Monate in Eiche ausgebaut. Aufwendig: Leichte, traditionelle Eiweiss-Schönung. Dunkel-Violett im Glas, Pinien- und Waldbeerenaromen, komplex, vielschichtig, der Wein zeigt gleichzeitig ein modernes Profil mit sehr zugänglichen Tanninen.

In P um die 20 EUR/Flasche. Jeden Cent wert! Große Leidenschaft im Glas!


Dão DOC Quinta das Marias Garrafeira 2010

 

Ein Wein zum besonderen Essen oder einfach um sich mal etwas sehr sehr gutes zu gönnen.Ich stelle mir diesen ebenso gehaltvoll-komplexen wie runden Rotwein aus 80 % der Rebsorte Touriga-Nacional mit 20% Tinta Roriz (Tempranillo) sehr gut zu dunklem Fleisch oder Wild vor. Gestern hatte ich die Flasche aber einfach nur so zum Plaudern und Genießen anlässlich des Besuchs eines guten Freunds aufgemacht. Der Wein konnte überzeugen ohne dass ich den Preis erwähnt habe, der mit ca. 30 EUR nicht gerade für den täglichen Konsum bestimmt ist. Auch die guten Bewertungen (Revista de Vinhos vergibt 17,5 Punkte, Mark Squires für Robert Parker 92 Punkte) habe ich verschwiegen um Unvoreingenommenheit zu gewährleisten.

 

Erst zum letzten Glas hin, als die Flasche brüderlich geteilt, sich dem Ende neigte, konnte ich mir nicht nicht verkneifen das dicke Kompendium "Vinhos de Portugal 2016" rauszukramen.

Im Weinführer des Fachjournalisten João Paulo Martins, der ja für den nationalen Markt in Portugal zu so etwas wie einem "Wein-Guru parkerschen Ausmaßes" avanciert ist, wird der Garrafeira 2010 unter den besten Rotweinen des Jahres (Melhores do Ano) geführt. Und nein, ich habe es nicht eine Nummer kleiner.  ;-)


Nun möchte ich euch nicht vorenthalten was diesen Nachmittag meinen "Paladar" gerockt hat: Kräftige Fülle, Beeren in der Nase. Bei dieser kleinen Auflage vermittelt das Entploppen der Flasche allerdings irgendwie die Anmutung vom Aussterben einer artengeschützen Spezies ...

 

 

 

 

 

Toll, der sortenreine Alfrocheiro 2012. IMHO besser noch als der Cuvée TT, den ich jüngst zu einer Käseplatte meinen Gästen einschenkte und der anlässlich dieses Events reichlich Ahhhs und Oooohhhs provozierte.


Am Eröffnungssonntag auf der ProWein 2016 hielt der Fachjournalist David Schwarzwälder ein Seminar inkl. Tasting mit dem Titel "Encruzado – reinsortig und in Blends".

 

David Schwarzwälder referierte über "die weiße Rebsorte Encruzado, die im Dão reinsortig und als Cuvée-Partner charaktervolle Weine mit erstaunlichem Alterungspotenzial hervorbringt".

 

Unter den verköstigten Weißweinen war auch der "Quinta das Marias Encruzado 2015" von Peter Eckert, der am Wines of Portugal-Stand ebenfalls anwesend war und dem David Schwarzwälder am Ende des Vortrags ganz herzlich für seinen Einsatz um diese und die anderen autochthonen Rebsorten vom Dão dankte. Da schließe ich mich doch glatt an!


Den Encruzado 2014 hatte ich neulich zu einem einfachen aber sehr schmackhaften Lachsgericht im Glas, zu dem der Weißwein ausgezeichnet harmonierte ...


[September 2016] Im Herbst 2016 war ich noch auf einem kurzen Besuch in Oliveira do Conde bei der Quinta das Marias. Die Lese der weißen Trauben hatte das Team um Peter Eckert tags zuvor beendet. Die roten Trauben sollten noch ca. 2 Wochen Sonne abbekommen. Trotz der klimatisch schwierigen Saison war Peter Eckert mit der Qualität des weißen Leseguts mehr als zufrieden. Also könnte es ein vielversprechender Jahrgang 2016 werden.

 

Auf den 2015er Encruzado war ich - wie gesagt - besonders gespannt, besuchte ich doch ziemlich genau ein Jahr zuvor die Quinta, ebenfalls unmittelbar nach Beendigung der Lese. Der Weißwein ruhte in den Fermentationstanks und Peter Eckert schwärmte damals von der Qualität des Leseguts und strahlte Optimismus aus.

 

Der Enruzado 2015, vom dem 18 TSD Flaschen abgefüllt wurden, verkauft sich nach Aussage von Peter Eckert gut. Wobei die 92 Parker-Punkte, mit denen der Wein jüngst ausgezeichnet wurde, dem Absatz in die Staaten und nach Kanada noch einen besonderen Drive verleiht.

Quinta das Marias - Encruzado 2015

Rebsorte: Encruzado 100%. Alkohol: 13.5 % Vol.

Ein sortenreiner Branco von großer Eleganz bei einer feinen Frische. Hier stimmt alles: Die typischen Aromen von Gras und grünem Apfel, Komplexität und Körperreichtum. So jung bereits schön schmelzig, was den Weißen nicht zu einem bloßen Sommervergnügen macht, sondern sein großes gastronomisches Profil offenbart ...

Was soll ich resümieren? Meine (hohen) Erwartungen werden voll und ganz erfüllt. Chapeau! 

 

Quinta das Marias - Lote Branco 2015

Rebsorten: Sémillon 11%, Gouveio 34%, Barcelo 55%. Alkohol: 13.5 % Vol.

Neu für mich war, dass die Sémillon in der Dão-Region eine autorisierte Rebsorte ist. Der Wein präsentiert leichte Apfel- und Aprikosennoten auf dem Gaumen, es fehlt noch etwas die Ausgewogenheit, die den "großen Bruder" aus der Flaggschiff-Rebe der Region so brillieren lässt. Spannend jedoch, dass der Schweizer bereit ist, die "ausgetrampelten Pfade" zu verlassen und auch auf Rebsorten setzt, die am Dão nicht so ein großes Gewicht haben. Das verdeutlicht einmal mehr welches Potential das DOC Dão bei der Herstellung von Qualitätsweinen hat.

 

Vielen Dank für den erneut sehr freundlichen Empfang trotz der anstrengenden "Vindimas"!


[Juli 2019] Das hat Peter, der alte Fuchs aus der Schweiz, nett arrangiert. Eigentlich wollten wir uns ja bereits 2018 treffen, weil es interessantes, neues von der Quinta das Marias zu berichten gibt (neuer Önologe, biologische Weine etc.). Es klappte leider nicht. Dieses Jahr aber sollte es soweit sein. Dann aber war Peter als ich in der Region war nicht in Portugal: Kein Problem, Verwalter Viktor und der neue Önologe Luís kümmern sich gerne ...

 

Auf Luís Lopes war ich neugierig! Als wir uns trafen ging ich dann (gut vorbereitet) in die Offensive. Luís: "Hallo, schön dich kennen zu lernen, ich bin Luís und war ...". Ich: " ... von 2009 bis 2017 Önologe bei Alvaro Castro auf der Quinta da Pellada. Und du hast mit Antonio Madeira all das wilde Zeug gemacht.  Ich habe vor einigen Tagen mit Tomás von der Quinta Várzea da Pedra, mit António von der Quinta da Serradinha und João Tavares de Pina über diesen Besuch gesprochen. Alle sind neugierig und gespannt und erwarten große Weine von dir! Aber nicht, dass du jetzt Druck auf deinen Schultern spürst ..." ;-)

 

Luís lachte schallend, macht nichts, er hätte eh bereits reichlich Druck. Das Eis war gebrochen, der sympathische Önologe ließ mich so ziemlich alles als Cask Samples durchprobieren was in den Eichenfässern der Quinta an jungen Weinen heranreift. Besonders in Erinnerung habe ich einen phantastischen Weißen in einer Miniauflage (225l), ich meine aus der Rebsorte Barcelo. Göttlich. Bei den Roten haben es mir Touriga Nacional und besonders der Alfrocheiro angetan. Großartiges Ausgangsmaterial für Spitzen-Cuvées und - sollte die weitere Entwicklung keinen unerwarteten Verlauf nehmen - Top-Monocastas.

 

Den Boden, das Terroir verstehen lernen. Luís Schwerpunkt verlagert sich zusehend von der Arbeit im Keller auf die Weinberge. Er wartete auf die Analysen des Ehepaars Lydia und Claude Bourguignon, für deren Arbeit als "Consultants" Peter Eckert 12 eineinhalb Meter tiefe Löcher anlegen ließ. Die Mikrobiologen betreiben seit Jahrzehnten ein Labor zur Bodenanalyse, analysieren den Boden akribisch schichtweise  und gelten bei den Spitzenweingütern der Weinwelt als uneingeschränkte Boden-Koryphäen.

 

Die große Herausforderung für den jungen Önologen wird darin bestehen, die Kontinuität zu wahren, für die die Weine der Quinta das Marias in einem großen Feature in der August 2019-Ausgabe der "Vinho - Grandes Escolhas" jüngst überschwänglich gelobt wurden. Gleichzeitig aber neue Akzente zu setzen (glaubt mir: es juckt ihm in den Fingern), mit eigenständigen Projekten hin zu einer frischen, weniger-ist-mehr Stilistik neue Käufer anzusprechen.

 

Ich habe keinen Zweifel, dass ihm dies gelingen wird, Peter ein Auge darauf hat, aber die notwendigen Freiräume lässt. Großartige Neuigkeiten von der Quinta das Marias. Auf geht´s ...


Danke, Peter, dass du hier "eine lange Leine" lässt und Luís seine Freiräume hat. Beim Crudus, von dem ich beim letzten Besuch der Quinta das Marias ein Cask Sample hatte, handelt es sich um einen sortenreinen Encruzado, der auch heute noch, nach 20(!) Monaten im Barrique, der Nase dieses reduktive Feuersteinaroma präsentiert.

20 Monate auf der Feinhefe (sur lies), handgelesen, spontanvergoren, ungeschönt, unfiltriert. Limonennoten, fein ausbalanciert, lebendige Säure. Kleine Auflage (zwei Fässer á 400 Liter), nur 960 Flaschen wurden abgefüllt. Ein großartiger Weißwein, der Freude macht und in der Liga der großen französischen Weißweinen mitspielen kann. Knapp unter 30 EUR/Flasche in Portugal.


Über mich ...

 

Weinliebhaber mit engem Bezug zu Portugal. Beruflich habe ich keine Berührungspunkte mit dem Wein-Business.  Insofern schreibe ich unabhängig über  portugiesische Weine als reine Liebhaberei. Anregungen, Fragen? Gerne: frank@vinhoportugal.de

 

 

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