André Antunes & Joana Vieira feierten im Sommer 2018 das 10-jährige Jubiläum vom Delicatum. Das Delicatum ist Restaurant sowie Wein- und Tapasbar in einem und bietet ein stylishes Ambiente bei gleichzeitig legerem Flair. Hier kann man auch einfach gemütlich auf der Terrasse einen Kaffee trinken. Mich zog es aber mehr - ihr ahnt es bereits - wegen des Food-Wine-Pairings in das Restaurant, das zurecht als Portugals Naturwein-Mekka gilt.
André hatte ich im Frühsommer 2017 auf der Quinta da Boavista von João Tavares Pina als "Weinfreak durch-und-durch" kennengelernt. Klar, dass ich dem Delicatum einen Besuch abstattete, als ich jüngst in Braga war. Herrliches Sommerwetter im September lud Nachmittags zu einem Gläschen Frei João Rosé 2017 von Caves São João ein ...
Abends zum "Jantar" wählte ich das Menu do Mercado (Marktmenü, 7 Gänge, 25 EUR) und dazu die Weinbegleitung (4 Glas Wein für 13 EUR). Ich wollte mich überraschen und inspirieren lassen. Und das wurde ich voll und ganz ...
Es ging los, abgesehen vom frischen Brot zu mildem Olivenöl, mit einer Vorspeise aus frischen Ochsenherztomaten mit einem mozarellaähnlichem Käse, Tomatenconfit und gerösteten Pinienkernen. Dazu einen Quinta Da Palmirinha Vinho Verde Branco, ungeschwefelt, von Fernando Paiva, einem der Pioniere des biodynamischen Weinbaus in Portugal. Feiner Auftakt.
Andrés unausgesprochene Mission: Mich vollauf zu begeistern! Deshalb kam zum nächsten Gang, einem Paprikacouscous mit schwarzem Pfeffer und Shrimps, leicht spicey gewürzt, direkt der nächste Vinho Verde auf den Tisch. Der ausbalancierte Morgado do Perdigão Alvarinho e Loureiro 2017 der Quinta de Paços (Barcelos) schmeckte sogar noch einen Tick besser.
Zum nächsten Gang wechselte André die Weinregion: Es ging in meine (Zweit-)Heimat an den Dão zum jungen Weinmacher Antonio Madeira und dessen Hammer-Rosé 2016. Geniale "Harmonização" mit dem gegrillten Oktopus an Süßkartoffelpüree mit eingelegtem Ingwer. Pogo auf dem Gaumen!
Danach: Scrambled Eggs mit frischen Waldpilzen und schwarzem Pfeffer. Kein Schnickschnack, nur gute, saisonale Produkte aus der Region. Lecker. Punkt. Dazu der rote Vinho Verde vom jungen Önologen Constantino Ramos (rechte Hand von Anselmo Mendes), dessen Solo-Projekt Zafirah mit dem Jahrgang 2017 in die zweite Runde geht. Kleine Auflage, viel Handarbeit (quasi eine "Craft Winery") - fantastischer "Vin de soif" mit leichten 12,50 % Vol. aus den typischen Rebsorten der Region Monção: Alvarelhão, Borraçal, Pedral und Vinhão. Fällt komplett aus dem üblichen Schema, hat mich total überrascht und richtig Spaß gemacht! Und das auch noch zurück in Deutschland, quasi als Nachverköstigung: Tasting Note Zafirah | Vinho Verde 2017
Hauptgang und dramaturgisch vorläufiger Höhepunkt: Butterzartes Javali (Wildschwein) mit Zwiebeln und Zwiebelconfit. Ein Gedicht! Fein gesalzen, tolle Röstaromen. André präsentierte den nächsten Wein und bat mich um meine Meinung. So sehr ich mich jüngst für die Weißweine von Lagar de Darei begeistern konnte, dem Lagar de Darei DOC Dão Tinto 2012 fehlt irgendwie das gewisse Etwas. André hatte vorgesorgt und stellte die nächste dicke Überraschung auf den Tisch: Einen Rosa da Mata Alfrocheiro 2016 von Patrícia Santos, Önologin bei Adega Dois Ponto Cinco, bei Anselmo Mendes und und und ...
Das eigene Projekt der ambitionierten Weinmacherin am Dão, fast in unmittelbarer Nachbarschaft (Canas de Senhorim) und ich hatte KEINEN blassen Schimmer! Und wieder eine Überraschung! Und wieder ein Wein "off the beaten tracks"!
6. Gang: Ein herzhafter, gereifter Käse, die Rinde mit Salzlake gewaschen, dazu einen roten Vinho Regional Transmontano Vinhos Romano Cunha 2010. Hammer-Pairing!
Der heimliche Star, der dem Hauptgang häufig die Show stiehlt, ist der Nachtisch (Sobremesa). In meinem Fall ein Sahneeis auf einem Fruchtspiegel aus roten Beeren mit crunchy Karamell. Ich konnte dazu wählen: Port, Moscatel, Madeira. Meine Wahl: Moscatel. Richtige Wahl, schmunzelte Andé und schenkte einen 20 Jahre alten Alambre 20 Anos Moscatel de Setúbal von José Maria da Fonseca ein. Bernsteinfarben. Orangen- und Kräuternoten. Fruchtig-frisch. Ergänzt perfekt die Geschmackskomponenten des Nachtisch. Ein Gedicht!
Die Weinbegleitung, die ich zum Menü wählte, besteht eigentlich aus vier Weinen. André hat acht draus gemacht. Was für eine exzellente Auswahl. Ich bestelle noch einen "Absacker" für uns beide, einen Espumante Bruto Natural Rosé von der Quinta das Bágeiras mit dem wir den Abend ausklingen ließen. Lockeres Ambiente, lecker Essen, klasse Weine stimmig ausgewählt und kenntnisreich präsentiert. Einen Besuch im Delicatum kann ich nicht nur Weinliebhabern uneingeschränkt empfehlen. Einen herzlichen Dank an André und an die charmante Joana.
Auch 2019 konnte ich mir einen Abstecher zum "Naturwein-Nerd" nach Braga nicht verkneifen. Zumal das die Gelegenheit mit sich brachte, gute Freunde wiederzutreffen, die in der Region leben, dort gemeinsam lecker zu essen, zu quatschen und die Weine von der Top-Weinkarte des Delicatums in netter Runde zu genießen. Ich wählte die Weinbegleitung zum 7-Gänge-Marktmenü und überließ die Auswahl erneut Andrés feinem Gespür für das passende Pairing.
Es ging zum Einstieg los mit "Bubbles" aus der Region Távora-Varosa: Familia Hehn Old Reserva Bruto Espumante. Trocken, körperreich, elegant. Der "Kuchen" als Vorspeise: Der Boden aus einem Vollkornbrotteig. Darauf Crème fraîche mit saftigen Bacalhãostückchen und einem Tomatenconfit-Topping. Frisch und lecker!
Nächster Gang: Ein fruchtiges Süppchen aus Coração-de-Boi-Tomaten. Dazu einen Vale da Capucha Clima Branco 2016. Weinmacher Pedro Marques hat hier einen geradlinigen, eleganten Weißen produziert, mit der Betonung auf "Mineralität", die für Pedros Weinstil so typisch ist.
Saftiges Thunfischsteak mit Waldpilzen. Auf den Punkt. Bravo! Die erdigen Pilzaromen passen nicht zu Weißwein. Sagt man. Geht doch! Sehr gut sogar, wie André mit einem gereiften Quinta das Bágeiras Colheita Branco 2005 aus dem Bairrada beweisen konnte.
Zu einem "Ich-hab-mir-nicht-gemerkt-woraus-es-bestand"-Gericht in einer spicy Thai-Sauce gab es (für mich) das absolute Wein-Highlight des Abends. Einen Folias de Baco Uivo Renegado Vinho Tinto Vinhas Velhas 2018, ein Field-Blend im alten Weinberg, halb rot, halb weiß, leicht, süffig, ein Vin de soif mit leichten 11,5 % Vol aber mit gaaaanz viel Charakter und Komplexität. Geil! Davon bitte eine Badewanne von. Randvoll, versteht sich!
Es ging weiter mit genau jenen leichten, unkomplizierten Vin de soif-Style-Weinen. Ein Pequenos Rebentos Tinto Atlântico 2017 (DOC Vinho Verde) vom Weinmacher Márcio Lopes wurde zu Schweinebäckchen und Süßkartoffelpüree serviert. Hmmm! To speak with Sarah: No doubt, lighter reds have captured the Zeitgeist. Extrem kleine Auflage von gerade einmal 999 Stück.
Etwas aus der Reihe, aber weil es Gäste am Tisch gab, die zu ihrem Medalhoã do Lombo do Novilho "unbedingt" (verständlicherweise) nach einem Tinto maduro verlangten, servierte der Hausherr einen Casa da Passarella Villa Oliveira Touriga Nacional 2014. Feiner Tropfen, den ich schmunzelnd zum Queijo genoss.
Wenn es als Starter ein Stück "Kuchen" gibt, was wird dann folgerichtig zum Dessert serviert? Korrekt: Ein "Burger"! Fluffig, fruchtig, mit frischen Erdbeeren! Dazu ein 20 Jahre alte Tawny der Quinta do Vallado! Yummy Kombination! Auch der Rest unserer Runde konnte den Kalorien nicht widerstehen. Süße Sünden zum Ausklang! Ein saugemütlicher Abend im Kreis von Freunden, dazu außergewöhnliche Weine im Glas, von André ausgesucht und kenntnisreich präsentiert, und Joanas Köstlichkeiten auf dem Teller. Was will man mehr? Perfekt! Obrigado!