Azores Wine Company |Pico

[Oktober 2017] Weinbau auf der Azoren-Insel Ilha do Pico hat eine lange Tradition. Auf den heutigen Rebflächen, die einst mit einer Schicht aus erstarrter Lava bedeckt waren, war keine andere Form von landwirtschaftlicher Nutzung möglich. Ein italienischer Franziskanermönch, Frei Pedro Gigante, brachte im 16. Jahrhundert die Verdelho-Rebsorte von Sizilien mit auf die Azoren.

 

Die Bewohner der Insel haben die Rebflächen kultiviert, indem sie die oberste Lavaschicht aufbrachen. Aus den so gewonnen Basaltlavabrocken wurden Mauern aufgeschichtet. Innerhalb der parzellierten Flächen pflanzte man dann Weinreben in die freigelegte (oder aufgeschütte) fruchtbare Sohle. Die Mauern schützen die Reben vor dem (rauen und salzigen) Wind des unmittelbar angrenzenden Atlantiks. Außerdem wirken sie wunderbar als Wärmespeicher.

Spektakuläres Weinbaugebiet, folgerichtig wurden zwei historische Weingärten auf Pico 2004 von der Unesco als Weltkulturerbe klassifiziert.

 

In diesem historischen Kontext bewegt sich die junge, 2013 gegründete Azores Wine Company, die von António Maçanita, Filipe Rocha und Paulo Machado geführt wird. Der Weinmacher António Maçanita (Fita Preta, Maçanita Vinhos) ist sicherlich über seine Bekanntheit das Zugpferd, aber auch Paulo Machado kann auf eine lange Weinmachertradition zurückblicken.

 

Paulo und sein kleines Weingut Insula Vinus, auf dem das Projekt quasi aufbaut, konnte ich im Oktober 2017 ausführlich kennenlernen.

An die Adega angeschlossen, mit dem Vulkan Pico im Rücken und mit wunderbarem Blick auf den Atlantik liegen Paulos Enoturismo-Apartamentos Insula Atlantis samt einem angeschlossenem Espaço de Prova de Vinhos & Loja (Verköstigungsraum & Verkauf) ...


Weiter im Kontext - mit noch einem kleinen Drift in die Historie: Über Jahrhunderte waren die Likörweine der Insel ein echter Exportschlager. Die Reblaus und ein Pilz brachten den Weinbau auf der Insel komplett zum erliegen. Große Teile der Bevölkerung emigrierten. Bis Anfang der 60ziger neue Rebsorten angepflanzt wurden ...

 

... wie es scheint, nicht nur ein Neubeginn - sondern der Anfang einer Erfolgsstory!

 

Vom großen Ganzen zurück zum (im Wachstum befindlichen) Kleinen. Das Ambiente in dem mich Paulo Machado zum Tasting empfing war gigantisch - Inmitten der historischen Weingärten, den Vulkankegel im Rücken nach vorne raus freien Blick auf den Atlantik ...

Zurückhaltend, fast wortkarg begleitete Paulo das Tasting - ein Weinmacher der nichts "aufschwätzt", sondern der vielmehr die Weine auf den Gast wirken lässt. Unaufdringlich, dabei sympathisch, kompetent und stets zuvorkommend. Ein Los ging es mit einem Flagschiff unter den den Weißweinen: Terrantez do Pico - I.G. - ACORES 2015.

 

Frisch! Limetten- und Fruchtaromen. Mineralisch/salzig. Ausgesprochen gastronomisch!

 

Leider haben die geringen Erträge (lediglich 2 to/ha) sowie die mühselige Lese (die Reben ranken direkt am Boden, nix für "ich hab Rücken") ihren Preis: 49 EUR/Flasche. Leider nicht meine Liga ... :-(


Wie bei allen Weingutbesuchen ist auch bei der Azores Wine Company die Kontaktaufnahme vorab per E-Mail (oder telefonische Terminvereinbarung) dringend angeraten. Kommunikation in Englisch ist kein Problem.

 

Der Unkostenbeitrag hängt von der Anzahl der verköstigten Weine ab. Wenn ihr euch auf einen Rosé und einen Weißen beschränkt, sollten es nicht mehr als 10 EUR/Nase sein.

 

Aber zurück zum zum ... 

Arinto dos Açores D.O.PICO - ACORES 2015: Spritzig, sehr trocken. Puristisch/beinah einfach, dennoch ebenfalls ein Wein für die Gastronomie.

 

Ein für den Geldeutel des Ottonormalbürgers sehr gut erschwinglichen Rosé: Rosé Vulcânico I.G. ACORES 2016 ...

Sehr fruchtig in der Nase. Lachsfarben im Glas. Trocken, ausbalanciert. Mild, dabei mit einer schönen Säure. 12,5 % Vol. Beim Weingut ausverkauft, auf São Miguel habe ich knapp über 8 EUR/Flasche bezahlt. Ein echter Lieblingswein für das unbeschwerte Vergnügen, natürlich bevorzugt bei sommerlichen Temperaturen ...

33 ha sind es derzeit, die die Azores Wine Company bestockt hat, mit den aktuellen Neuanpflanzung sind es bald 100 ha, womit die Company zum größten privaten Weinproduzenten auf Pico wird.


Paulo gönnte mir noch einen Tinto Vulcânico - I.G. ACORES 2015 mit sehr präsenten Tanninen, aber nicht besonders körperreich - ein schönes Sommerwein. Nicht so ganz mein Fall, trotz der gigantischen Bewertungen, die der Rotwein jüngst in der amerikanischen Weinfachpresse erhielt.

 

Wieder mein Ding ist der Arinto dos Açores D.O.PICO - ACORES 2016 SUR LIES, unter "sur-lie" versteht den Ausbau mit der Vollhefe, weiterhin wird die Vollhefe durch periodisches Aufrühren (bâtonnage) in Suspension gehalten.

Kostet in Lissabon am Flughafen 31 EUR/Flasche. Leider wieder nicht ganz billig das Vergnügen, gut das ich noch zwei Fläschchen im Keller habe ... 

 

Danke an Paulo, der mich zum Abschluss des Besuchs noch durch die Adega führte (ohne Zweifel: hier passt der Begriff "Garage Wines" wie sonst nirgends). Danke für die Geduld und das spannende Erlebnis!


Rosé Vulcânico. Aus den Rebsorten Saborinho, Agronomica, Touriga Nacional, Trincadeira, Merlot und Syrah.


Heiligabend gibt es bei uns traditionell schlesische Weißwurst, Kartoffelpüüü und Sauerkraut. Wein zu Sauerkraut, da fällt die Wahl auf ordentlich säurebetonten deutschen Riesling.

 

Ich habe mich gegen die "passt immer-Variante" entschieden und einen Arinto dos Açores D.O.PICO - ACORES 2016 SUR LIES serviert ...

Die feine Säure und die Salzigkeit konnten sehr gut mit dem Sauerkraut mithalten. Die Gäste waren hochzufrieden and so was I!


 

Auch die amerikanische Fachzeitschrift DECANTER hat jüngst ihre 100 Weine 2017 ausgewählt.

 

Unter den Top 100 auch ein Weißwein der Azores Wine Company ...


Kurzer Artikel über die AWC im TAP-Bordmagazin UPLava land



Die Financial Times berichtet über die neue Vorzeige-Adega der Azores Wine Company:

 

 

Behind the dazzling wines of the wild Azores


Einfach herrlich, die salzige Frische von der Azoreninsel Pico. Paulo Machado, der knorrige Weinmacher mit dem raubeinigen Charme hat mich mit einem verschmitzt-sarkastischem Lächeln kurz und knapp wieder zurück in die Realität geholt, als ich im Oktober 2017 bei strahlendem Sonnenschein, den Vulkan im Rücken, mit einem Glas "Terrantez do Pico"-Weißwein in der Hand auf den spiegelglatten Atlantik blickend die Insel kurzerhand zum Paradies auf Erden ernannte: "Komm in der Wintersaison wieder, wenn es stürmt und regnet".

Das die Azores Wine Company, die ja quasi rund um der alten Insula-Adega gewachsen ist, in so kurzer Zeit so steil durch die Decke gehen würde: Ich hatte es mir gewünscht, aber hätte es im Leben nicht geahnt! Der Verdelho 2018 begeistert mich nicht nur durch die Salzigkeit, es ist die präzise Frische, die geradlinig wie ein japanische Langschwert durch die Kehle rauscht. Dazu dieser Zitrusgrip! Das hat Substanz, eine steinige Struktur, leichte 12 % Vol. und bettelt geradezu nach mehr (einer zweiten Flasche). Läuft! Lecker! Leicht (aber mit Rückgrat)! Insula - wenn sich Rustikalität in Eleganz wandelt ...


Über mich ...

 

Weinliebhaber mit engem Bezug zu Portugal. Beruflich habe ich keine Berührungspunkte mit dem Wein-Business.  Insofern schreibe ich unabhängig über  portugiesische Weine als reine Liebhaberei. Anregungen, Fragen? Gerne: frank@vinhoportugal.de

 

 

Alles über die Vielfalt der portugiesischen Weine auf www.vinhoportugal.de oder im Rahmen der größten deutschsprachigen Community rund um das Thema "Portugal" auf www.portugalforum.org