[Juni 2016] Vinhos únicos e com carácter. Natürlich steht das 1910 gegründete Familienunternehmen zuallererst für Vinho generoso, also Moscatel de Setúbal, die typischen aufgespriteten Dessertweine der Region. Aber die können, getreu dem Motto "klein, aber fein", auch hervorragende Tischweine produzieren!
Und das für ein fast unschlagbares Preis-Leistungsverhältnis! Obwohl vom weißen Rebsortenwein "Tradição 2015", produziert aus der Sémillon (in Portugal unter dem Namen "Boal" bekannt), nur 4800 Flaschen aufgelegt wurden, kostet die Flasche im portugiesischen Feinkosthandel (!) lediglich 7,20 EUR/Flasche.
Wahnsinn: Der Wein hat ein feines Aroma, samt-spritzig am Gaumen, leichte 13 % Vol., er präsentiert sich insgesamt mit einem sehr "gastronomischen" Profil. 4 Monate in französischer Eiche ausgebaut, keine Nuancen erkennbar, die irgendwie stören würden. Leicht, floral, trotzdem schmelzig, aber nicht überdreht. Einfach nur gut gemacht!
Es sind genau diese Weine, die mir das Gefühl geben, die kommenden 10 - 15 Jahre die portugiesischen Weine nicht "über zu bekommen" sondern dass ich im Gegenteil stets mit neuen, feinen Überraschungen rechnen darf!
Wie der Zufall so will: Ein zufälliger Einkauf, zeitgleich ein Bericht in der Revista de Vinhos und fertig ist der Wunsch, das Ganze einmal vor Ort näher unter die Lupe zu nehmen.
Die Region hat ihr eigenes Mikroklima: Begrenzt durch zwei Flüsse (Sado und Tejo) und den Atlantik. Unterschiedliche Böden (Solos) von "arm" (hervorragend z.B. für die Rebsorte Castelão) bis "nährstoffreich". Die 1910 gegründete Quinta hat 30 ha plus 35 ha mit Weinreben bestockt. Kauft aber auch Lesegut von kleineren Erzeugern hinzu mit denen das Weingut z.T. seit Jahrzehnten zusammenarbeitet.
Moscatel de Setúbal, Moscatel Roxo, Boal (Sémillon), Bastardo (fast ausgestorben in der Region) und - natürlich - Castelão (Periquita) sind die Rebsorten der Wahl, die in der Adega mit traditioneller Technik zu feinen Weinen und Vinhos Generosos verarbeitet werden
Die gesamte Verarbeitungskette, vom Stampfen in Granittrögen, den Lagarares, bzw. dem Pressen mit einer quasi antiken Weinpresse aus Torres Vedras, verkorken, verkapseln, etikettieren, dies alles geschieht auf kleinsten Raum. Pedro Simões, der das Weingut heute zusammen mit seinem Bruder in der 4. Generation führt, ist stolz auf sein eingespieltes Team, das die Abläufe in der Adega im Schlaf beherrscht.
In Alcochete bin ich im März 2016 in einem Feinkosthandel auf den weißen "Tradição 2015" gestoßen. In der März-Ausgabe der zitierten Weinfachzeitschrift erschien dann, wie der Zufall so spielt, ein Artikel über "Enoturismo" in der Region Palmela, u.a. mit einem ausführlichen Bericht mit positiver Bewertung über das Casa Agrícola Horácio Simões. Neben einem Besuch der Adega in familiärer Atmosphäre bietet das Weingut noch ein Ladengeschäft, den "Loja Afinidades", in dem die kulinarischen Spezialitäten der Region (Wein, Käse, Frischkäse, Brot, Kompott, Süßigkeiten etc.) und Kunsthandwerk erhältlich sind.
Sowohl im Ladengeschäft als auch im Innenhof kann man gemütlich sitzen und einen Kaffee trinken ...
Und es gibt auch noch zwei edel-rustikal eingerichtete Räume, die als Sala de Prova (Verkostungsraum) dienen.
Die Verköstigung ging los mit drei Weißweinen:
Horácio Simões "Tradição 2015" Branco Boal (DOC Palmela)
13 % Vol., 4 Monate in französischer Eiche ausgebaut, leicht, dezent florale Noten, sehr elegant zeigt sich dieser sortenrein ausgebaute Sémillon (Boal). Überzeugt - und kostet lediglich 6 EUR/Flasche.
Horácio Simões "Grande Reserva 2014" Branco Boal (DOC Palmela)
13 % Vol., 6 Monate in neuer französischer Eiche ausgebaut, ein Wein von alten Weinbergen, intensive grün-gelbe Farbe, voluminös-schmelzig, Orange- und Quitte, sehr präsent die Noten vom Holz. Sehr kleine Auflage. Das weiße Flaggschiff, obwohl ebenfalls als sortenreiner Sémillon ausgebaut, hat er eine komplett andere Charakteristik als sein "kleiner Bruder". Kostet knapp 20 EUR/Flasche und ist für mich ein typischer "Winter-Weißwein".
Horácio Simões "Colheita 2015" Branco
Ganz leichtfüßige 12% Vol. Die zweite Überraschung: Ein wunderbar-frischer Sommerwein. Spritzig-zart mineralisch mit einer schön-fruchtigen Nase und Limetten-/Quittennoten präsentiert sich dieser Branco aus den Rebsorten Moscatel-Roxo, Fernão-Pires und Arinto. Kostet gerade mal 3,50 EUR/Flasche und geht runter wie Öl.
Sehr beeindruckend, was der Önologe Luís Camacho Simões da an eleganten Weißen ins Glas bringt!
Und natürlich gab es auch Rote zum Tasting ...
Horácio Simões "Colheita 2015" Tinto
14 % Vol., Noch sehr jung und etwas ungeschliffen dieser Blend aus Castelão (70% ) und Aragonez (30%).
Nach meinem Geschmack sollte der Wein etwas Zeit bekommen, um noch in der Flasche nachzureifen.
Horácio Simões "Vale dos Alhos" Castelão Tinto 2013 (DOC Palmela)
13,5 % Vol., Ein sortenreiner Castelão (Periquita) vom 80 Jahre alten Weinberg. Ein echter Hammer! Ausgewogen und nachhaltig, dabei eine leicht moussierende Frische. Rustikale Struktur bei unaufdringlichen Johannesbeer- und Waldhimbeeraromen. Das alles bei gerade einmal 6 EUR/Flasche. Ich wiederhole mich gerne: Ein echter Hammer!
Hier mal ein Zitat aus der Mai-Ausgabe der Revista de Vinhos. In einem großen Bericht über die Rebsorte Castelão im Weinbaugebiet Península de Setúbal wird darin Pedro Simões besonders hervorgehoben und zum "Meister der Castelão" ernannt. Zurecht wie ich finde.
Eigentlich war ich an der Stelle der "Prova" ja bereits glücklich. Zum eleganten "Boal" noch einen leichtfüßig-floralen Dia-a-dia-Weißen entdeckt und einen richtig leckeren Castelão. Also, für mich war soweit alles perfekt, ich hätte ein Kistschen mit einer feinen Auswahl leckeren Weine gekauft und wäre rundum zufrieden gewesen.
Aber Pedro Simões wollte noch ein neues Kapitel aufschlagen: Vinhos generosos (Vinho moscatel de Setúbal)! Klar, das Aushängeschild der Appellation Setúbal habe ich mir nicht entgehen lassen, besonders weil mir Pedro Simões eine vielfältige geschmackliche Reise durch die Welt der Dessertweine versprochen hat.
Vorgeschrieben ist für die gereiften "Klassik-Moscatels" ein Alter von mindestens vier Jahren. Bei Horácio Simões kommt nichts unter 5 Jahre in die Flasche.
Horácio Simões MOSCATEL ROXO - COLHEITA 2009
Der Moskatel zum aufwärmen. Schön ausgewogen. Der Wein erhält von eRobertParker 90 Punkte. Kostet rund 15 EUR/Flasche.
Horácio Simões MOSCATEL ROXO - SUPERIOR 2005
Es geht noch besser. Deutlich strukturierter und komplexer.
Horácio Simões MOSCATEL DE SETÚBAL - 10 ANOS SUPERIOR
Deutlich floraler dieser Moskatel, mit dem rebsortentypischen Muskatton. Rund und frisch. Jetzt sind wir bereits bei rund 35 EUR/Flasche.
Horácio Simões EXCELLENT – SUPERIOR 2000 MOSCATEL ROXO
Was für ein Gaumenschmeichler. Ausgewogen, komplex, vielschichtig. Florale Noten, Orangenschalen, süß ohne jemals aufdringlich zu sein. Weist ein feine Säurestruktur auf. Lediglich 1400 wurden von dieser limitierten Edition produziert, die dann auch stolze 45 EUR/Flasche kostet. Ein göttlicher Nektar, der Preis ist absolut gerechtfertigt!
Hier bin ich einmal uneingeschränkt einer Meinung mit Mark Squieres, der für Robert Parker in einem Muskatel-Tasting 2015 die Moscatels des Traditionsproduzenten an die Spitze der verköstigten Dessertweine lobte:
Muito obrigado, Sr. Pedro Simões, für die Gastfreundschaft!
Also, damit die Quintessenz meines Besuchs angesichts der zuletzt vorgestellten hochpreisigen Moskatels nicht untergeht: Eine echte Aromen-Bombe mit leichten 12 % Vol. bietet das Casa Agrícola Horácio Simões für gerade einmal 3,50 EUR/Flasche an. Ein fantastisches Preis-/Leistungsverhältnis für den idealen Sommerwein! Empfehlung!
Auch am Ende des Sommers haben mich Colheita 2015 und Boal 2015 absolut überzeugt. Mein "pick of the summer", sozusagen.
Nominiert. Mal schauen, ob es auch zu einer Prämierung reicht ...
Machen auch in der Nachverköstigung bzw. in der Folgesaison noch Spaß!
Zum Dessert (Zimtparfait, beschwipste Birne, Nusseis) des opulenten Weihnachtsschmaus konnte ich mit dem Horácio Simões EXCELLENT – SUPERIOR DEC. 2000 Moscatel de Setúbal Roxo den passenden Dessertwein beisteuern.
Topasfarben, fruchtig in der Nase. Rund, ausbalanciert und dazu dank der feinen Säure riiiiiichtig frisch. Grandios! 10 Jahre in gebrauchten 225l Barrels aus französicher Eiche gereift. Aus den besten 2000er Jahrgängen verschnitten. Limitiert auf 1.400 Liter (2.800 Flaschen á 50cl) - ich hatte es bereits weiter oben geschrieben 45 EUR/500 ml im Direktverkauf bei der Adega bzw. 48 EUR im portugiesischen Weinfachhandel).
Ja, das ist (ohne jeden Zweifel) eine richtige Stange Geld!!! ABER: Sollte ich 2018 die Gelegenheit/Möglichkeit haben, noch einmal zuzuschlagen, werde ich mir (ebenfalls ohne jeden Zweifel) noch ein oder zwei Flaschen zulegen.
Nun haben die Mädels einen genialen Nachtisch komponiert. Und alles was mir Banausen dazu einfällt, ist nach jeden zweiten Löffel am Excellent zu nippen und mit: "Boahh, ist der geil!" zu kommentieren.
Man könnte meinen "Undank ist der Welt Lohn", aber das ist für mich bisher der beste "Generoso", den ich bis dato im Glas hatte!
Horácio Simões Colheita - Península de Setúbal Tinto 2015
Fantastisches Preis-/Leistungsverhältnis! Rund, gehaltvoll, mit Struktur -kostet gerade einmal 7,50 EUR/Flasche in Deutschland.
Reifung zu 75 % in Steintanks und zu 25 % in amerikanischer Eiche.
Und es geht noch besser...
Horácio Simões - Grande Reserva - Vinhas Velhas – D.O. Palmela Tinto 2013
Nicht mehr das Schnäppchen für jeden Tag (34 EUR/Flasche in D), aber es ist ja Ostern - und da habe ich mit halt ein nettes Ostergeschenk gemacht. Scharlachrot. Fruchtig in der Nase, ausgesprochen rund und mit viel Volumen am Gaumen. 14,50 % Vol. Limitiert auf 2.500 Flaschen, der Weinberg hat 1 ha und ist mit über 80 Jahre alten Castelão-Reben bestockt.
Feiner Tropfen. 93 Parker-Punkte und, wichtiger, 17,5 Punkte in der Revista de Vinhos.
Der Önologe der Traditionsweinguts aus der Region Setúbal, Luís Simões, vergärt diesen "Orangewein", der von einer Parzelle mit alten Reben stammt, auf der Maische. Danach wurde er rund ein Jahr in gebrauchten französischen Eichefässern ausgebaut. Leichte 12,5 % Vol. 18 EUR/Flasche kostet das bernsteinfarbene Geheimnis der Família Horácio Simões, von dem nur eine kleine Auflage von 1200 Flaschen produziert wurde!
Der Wein bringt ordentlich Noten von getrockneten Früchten und etwas nussiges mit sich. Dabei aber auch eine schöne Zitrusfrische nach vorne raus. Empfohlene Trinktemperatur: 11 - 12°C. Saulecker!