[Juni 2019] Tomás Emídio, den supersympathischen Weinmacher der Quinta Várzea da Pedra konnte ich ja bereits auf der ProWein im März 2019 kennen lernen. Tomás und seine lässige, humorvolle Art. Sehr wohltuend in einem Business, in dem das Tagesgeschäft ähnlich ernst daherkommt, wie in anderen Branchen auch. 15 ha bewirtschaften Tomás und sein Bruder Alberto seit 2015. Es ist ein junges, aber kein neues Projekt. Es ist eine Wiederbelebung der in der Nähe von Bombarral gelegenen Quinta. Der Urgroßvater der beiden Brüder hat den Grund bereits Ende des 19. Jahrhundert erworben und auch der Großvater baute dort neben Wein Obst (Birnen) an und betrieb Viehwirtschaft. Nach einem größerem Investment ging es also 2015 mit neuem Schwung los ...
Die Gebäude wurden 1910 errichtet und haben Charme. Es gibt Lagars, wo die Trauben mit Füßen gestampft werden. Neben den alten Betontanks haben natürlich moderne Edelstahltanks mit Temperaturkühlung Einzug gehalten.
Bestockt sind die Weinberge mit den roten Rebsorten Syrah und Touriga Nacional sowie mit den weißen Reben Arinto und Fernão Pires. Um die 40 TSD Flaschen werden pro Jahr in etwa abgefüllt. Die Weinberge würden natürlich mehr hergeben, aber man setzt via Ertragsreduktion auf Qualität. Nach einer ersten Erläuterung des Kellers und der eingesetzten Kellertechniken gingen wir auf einen kurzen Spaziergang durch die angrenzenden Weinberge.
Die Quinta durchzieht ein Bach und es hat auch eine Quelle - Wasser gibt es also reichlich. Direkt an der Adega gibt es eine kleine, hundertjährige Parzelle, die aber hauptsächlich zum experimentieren, also dem Erkenntnisgewinn dient. Die Gräser zwischen den Rebstock-Reihen werden selten gemäht um die Vielfalt im Weinstock zu erhalten, notwendigerweise anfallender Grünschnitt wird im Weinberg aus den vorgenannten Gründen belassen.
Etwas oberhalb der Adega gibt es zwei ehemalige Wirtschaftsgebäude, mit allerlei alten landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten. Mit ein bisschen Ertüchtigung Restaurierung optimal für zukünftige "Enoturismo"-Aktivitäten.
Neben den Eingangs erwähnten Leitreben hat es auch etwas Sauvignon Blanc, genaugenommen lagert der Schatz in gebrauchter französischer Eiche. Leicht, rund, frische Säure, aromamäßig nicht zu stark "Passionsfrucht"-betont. Mit den Fokus auf der Säure entspricht der Wein stilistisch in etwa dem, was die neuseeländischen Top-Winzer aus der SauvBlanc machen. Wenn das Endprodukt so schmeckt, wie der Cask Sample, den ich im Glas hatte: Rock´n´Roll! Allerdings reicht das Fässchen für gerade einmal 300 Flaschen. Also, ausgesprochen unwahrscheinlich, dass es davon etwas abgibt ...
Der Schwerpunkt bei den Tastings lag dann wunschgemäß auf den Roten, da ich die Weißweine bereits im Vorfeld im Glas hatte. Ganz frisch und jugendlich ein Tinto Syrah-Touriga Nacional, Jahrgang 2018, ein leichter Einsteigerwein mit dunkler, klarer Farbe, rot-violett, mit viel Frucht, old-school, sehr vielversprechend.
Tomás hatte einen gereiften Käse aufgeschnitten, köstlich/göttlich zum Tinto. Er hat den Käse von einem Treffen verschiedener Weinmacher bei Muxagat am Douro mitgebracht. Ich konnte mir die Frage nicht verkneifen: "Lass mich raten, Susannas Mutter hat euch ordentlich verwöhnt? Ein stutzen, ein grinsen und ein bejahendes nicken ...
Das coole Design für die Etiketten entlehnt der studierte Designer den Kacheln (Azulejos), die noch in der Adega hängen. Danke an den ebenso netten wie Enthusiasmus versprühenden jungen Weinmacher. Geile Weine, entspanntes Plaudern, besser kann eine Verköstigung beim Weingut nicht laufen. Großes Danke, ich werde die Weine der Quinta Várzea da Pedra im Auge behalten.
Quinta Várzea da Pedra Reserva Tinto 2015 - Rebsorten Syrah & Touriga Nacional, handgelesen, im Lagar mit den Füßen gestampft, 12 Monate in Eiche ausgebaut und 12 Monate flaschengereift. Dunkel-violett im Glas. Beerenfrüchte, schöne Struktur, mineralisch-frisch. Toller Rotwein für 15,00 EUR/Flasche in Portugal. Sehr süffig!
Was mir im Jahr 2019 besonders Spaß gemacht hat? Die geballte "Oeste-Power" im Westen Portugals (Region Lisboa)! (Meist) junges Volk mit Lust zu experimentieren und Spaß daran, die ausgetrampelten Pfade zu verlassen. Humus, Serradinha, Capucha, Serra Oca, Casal Figueira, Luis Gil, Emanuel Frutuoso, Os Goliardos und Varzea da Pedra ...
Skin Contact. Das heißt hier weiße Rebsorten Arinto und Fernão Pires von Lehm- und Kalksteinböden. Handgelesen und im Steintrog (Lagar) mit den Füßen gestampft. Hier erfolgt die erste kalte Vergärung auf den Schalen der Trauben. Danach erfolgt die alkoholische Gärung und Mazeration im Stahltank durch natürliche Hefen und die Lagerung "Sur-Lie" (Hefesatzlagerung).
Der Weißwein kostet in Portugal 13,90 EUR/Flasche, hat kräftige 14 % Vol. und zeigt bei höheren Trinktemperaturen neben den Zitrusaromen eine schöne Textur sowie ein cremiges Mundgefühl.
Quinta Várzea da Pedra | Syrah & Touriga Nacional Tinto VR Lisboa 2018
Wenn aus vielversprechenden Tank-Samples (Frühsommer 2019 beim Besuch der Quinta) jugendlich-frische Spaßmacher werden, dann darf ich mich auch einmal gerne selber zitieren. Nun in der Flasche zeigt der Rote mit den eleganten Tanninen weiterhin diese Rotfruchtigkeit, vor allem Sauerkirscharomen, und trotz 14 % Vol., unterstützt durch die Atlantikfrische, eine angenehme Leichtigkeit. Für mich ein Sommerwein, solo auf der Terrasse - aber auch passend z.B. zu gegrillten Sardinen.
Handgelesen, im Lagar mit den Füßen gestampft, 50 % in gebrauchter französischer Eiche ausgebaut, der Rest im Stahltank. Kostet? Gerade einmal 9,95 EUR/Flasche in Deutschland. 1a-Preis-/Spaß-Verhältnis!
Wie immer: Schönes Design (basierend auf den alten "Azulejos" in der Adega), kreiert vom Winzer selber.
Quinta Várzea da Pedra Reserva Branco 2017 - Großartig! Salin, mineralisch, ausgewogen - straff an der Säure, sehr intensiv. Etwas toastige Aromen von dem 12-monatigen Barrique-Ausbau auf der Hefe mit Bâtonnage. Pfirsich, reife Aprikose, Clementinenschalen. Rebsorten: Arinto & Fernão Pires.
Bei allem Positiven jedoch, lässt sich eines nicht wegdiskutieren: Die deutlich wahrnehmbare oxidative Note. Mich stört sie nicht, weil darunter viel Komplexität liegt. Um es Gästen jedoch nicht zu schwierig zu machen, würde ich diesen Branco eher nicht zum Gala-Menü reichen. Also, wenn schon, dann mit einer Alternative in petto. Kostet in Deutschland rund 18 EUR/Flasche.
Quinta Varzea da Pedra Fernão Pires DOC Óbidos 2019 - Der sortenreine Branco bringt mit einer salzigen Leichtigkeit eine steife Brise Atlantikfrische auf den Gaumen, reichlich Zitrusfrucht dazu. Sehr zart und erstaunliche Eleganz, die dieser "Lagrima" (Freerun-Wein) nach 12-monatiger Hefelagerung präsentiert. 13 % Vol. 12,95 EUR in Deutschland
Quinta Varzea da Pedra Arinto DOC Óbidos 2020 - Und noch sortenreinen Branco: Salzig, mineralisch! Zitrusfrucht, Quitte! Goldgelb im Glas! Hanggelesen, spontanvergoren, 10 Monate im Edelstahltank auf der Hefe. Bei aller Leichtigkeit eine wunderschöne Mundfülle und Textur. 13 % Vol. Hammer, noch ein Tick spannender als der Fernão Pires. 12,95 EUR/
Wow, was für zwei "Rasierklingen" am Gaumen ...
Das haben Tomás und Rodrigo wieder einmal von feinsten hinbekommen! Hut ab und Gratulation!
Wein und Musik - the perfect match!